3. Darstellung der verschiedenen Verfahren:
3.1. Überblick über den Gang der Arbeit:
Ziel der Arbeit war es, ein Verfahren zur Gewinnung der 12- und 15-Hydroxieikosatetraensäure für In-vivo-Versuche zu konkretisieren. Aufgrund dieses Zieles ergab sich die Notwendigkeit, ausschließlich in nichtradioaktiver Form zu arbeiten.
Weiteres Ziel der Arbeit war es, die Enzymabhängigkeit der Hydroxieikosatetraensäure-Bildung zu bestimmen. Anhand der Enzymabhängigkeit der 12-Hydroxieikosatetraensäure- und der 15-Hydroperoxieikosatetraensäure- bzw. der 15-Hydroxieikosatetraen-säure-Bildung kann eine Größe ermittelt werden, deren Kenntnis einen wichtigen Beitrag für eine Optimierung des Verfahrens zur Herstellung dieser Substanzen liefert.
Wegen der Oxidationsempfindlichkeit der Hydroxieikosatetraensäure waren zunächst eigene Standards aus biologischem Material herzustellen. Externe Standards sind nämlich kostspielig und nur schwer erhältlich. Mit den eigenen Standards wurden die geeignete Lösungsmittelzusammensetzung ermittelt und die Retentionszeiten bestimmt. Die ermittelten Retentionszeiten wurden mit Literatur-daten verglichen. Später standen auch - allerdings nur in geringen Mengen - externe Standards mit genauer Konzentrationsangabe zur Verfügung. Dies machte es möglich, daß auch quantitative Messungen durchgeführt werden konnten.
Auf der Basis der Ergebnisse mit den Standards wurde dann die Enzymabhängigkeit der Hydroxieikosatetraensäure-Bildung in Reihenversuchen bestimmt.
3.2. Detektion:
3.2.1. Wahl des Detektors:
Wegen der Notwendigkeit ausschließlich in nichtradioaktiver Form zu arbeiten, schied die Wahl eines Radioaktivitätsdetektors aus.
Ein Refraktometer schied aus, weil es zu unempfindlich und unspezi-fisch ist. Es ist nämlich ungefähr 1000 mal unempfindlicher als ein UV-Detektor (26, S.60).
Ein Fluoreszenzdetektor schied mangels meßbarer Fluoreszenz der zu identifizierenden Substanzen aus.
Ein elektrochemischer Detektor kam wegen der chemischen Natur der zu identifizierenden Substanzen nicht in Betracht. Beim Einsatz eines derartigen Detektors soll die mobile Phase nämlich keine Hydroxicarbonsäuren enthalten (26, S. 65). Solche Verbindungen waren aber gerade zu detektieren.
Aus den soeben angeführten Gründen kam nur ein UV-Detektor in Betracht. Die zu identifizierenden Substanzen absorbieren nämlich elektromagnetische Wellen im UV-Bereich. Dieser ist auch hinrei-chend empfindlich. Hinzu kommt, daß hinsichtlich dieses Detektors in Bezug auf die zu identifizierenden Substanzen bereits Erfah-rungsberichte vorliegen.
3.2.2. Wahl der Wellenlänge:
Der vorliegenden Literatur war zu entnehmen, daß die 12-Hydroxi-eikosatetraensäure bei Wellenlängen zwischen 229 nm und 237 nm detektiert wurde (2,11,13,20,21,22). Ein Extinktionskoeffizient von ε=30500 wurde bei einer Wellenlänge von 237 nm ermittelt; allerdings lag die 12-Hydroxieikosatetraensäure dabei als Methylester in Ethanol vor (2). 15-Hydroxieikosatetraensäure wurde bisher bei Wellenlängen zwischen 229 nm und 235 nm detektiert (13,20,21,22,24). Im übrigen sind Daten weiterer Hydroxieikosatetraensäuren beschrie-ben worden, die ebenfalls in diesem Bereich liegen (4,8,13,20,21, 22,25).
Es wurde eine Wellenlänge von 232 nm gewählt und zwar sowohl für die Detektion der 12-Hydroxieikosatetraensäure als auch der 15-Hydroperoxieikosatetraensäure und 15-Hydroxieikosatetraensäure, da dieser Wert etwa in der Mitte des Bereiches liegt, der von den Literaturdaten abgesteckt wird.
3.3. Methoden zur Darstellung der Standards:
Da die Standards nur in geringem Umfang zur Verfügung stehen und sehr kostspielig sind und auch - wie bereits ausgeführt - nur begrenzt haltbar sind, waren die benötigten Standards zum Austesten der Apparatur selbst herzustellen.
Zur Herstellung von 12-Hydroxieikosatetraensäure eignen sich besonders - wie bereits erwähnt - die Thrombozyten, da die in ihnen enthaltene Lipoxigenase ausschließlich 12-Hydroperoxieikosatetraen-säure synthetisiert, die dann durch die ebenfalls in den Thrombo-zyten enthaltene Peroxidase sofort zu 12-Hydroxieikosatetraensäure reduziert wird. Das in den Thrombozyten enthaltenen Enzymsytem reagiert somit hinsichtlich der Hydroxieikosatetraensäure-Bildung spezifisch. Als weiterer Vorteil ist zu nennen, daß sich die Thrombocyten leicht aus Spenderblut isolieren lassen. Durch Zusatz von 0.1 mM Acetylsalicylsäure wird die Cyclooxigenase gehemmt.
Nach der Inkubation wird der Reaktionsansatz angesäuert. So liegt die zu extrahierende Hydroxieikosatetraensäure rein in der undissoziierten Säureform vor und kann mit einem Lösungsmittel mittlerer Polarität extrahiert werden. Zum Ansäuern eignet sich konzentrierte Ethansäure, weil diese keine Störungen in der HPLC befürchten läßt, da sie auch im Laufmittel enthalten ist. Zur Extraktion wird Diethylether verwendet, der die gewünschte Polarität hat und leicht verdampfbar ist. Gegenüber den chlorierten Kohlenwasserstoffen hat er zudem den Vorteil, daß er das Abwasser weniger belastet.
Zur Herstellung der 15-Hydroxieikosatetraensäure wird die im Handel erhältliche 15-Lipoxigenase verwendet, die aus Sojabohne gewonnen wird. Die Lipoxigenase synthetisiert zunächst 15-Hydroperoxieikosa-tetraensäure. Eine enzymatische Reduktion wie bei der 12-Hydroxi-eikosatetraensäure kann hier nicht stattfinden, da ein isoliertes Enzymsystem vorliegt.
Zur Isolierung der 15-Hydroperoxieikosatetraensäure wird der Ansatz angesäuert und weiter verarbeitet, wie bei der 12-Hydroxieikosa-tetraensäure-Darstellung beschrieben.
Zur Herstellung der 15-Hydroxieikosatetraensäure wird dem Reaktionsansatz noch Natriumborhydrid im Überschuß zur Reduktion der 15-Hydroperoxieikosatetraensäure zugefügt. Anschließend wird ebenfalls angesäuert und extrahiert.
Diese Extrakte werden mit der HPLC chromatographiert.
3.4. Apparativer Aufbau:
Benutzt wurde ein selbstansaugende, pulsationsfreie Doppelkolbenpumpe (Merck-Hitachi, Modell 655 A-12 mit Proportioning Valve) mit hoher Flußkonstanz und Genauigkeit und druckkonstanter F&oum;rderung. Der Flußbereich betrug 0 bis 10 ml/min. Die Flußrate war einstellbar in Inkrementen von 0.1 ml/min. Gefahren wurde die Pumpe mit einer Flußrate von 1 ml/min.
Die Pumpe war für eine Gradientenelution vorbereitet. Durch entsprechendes Zubehör (Merck-Hitachi, Ptoportioning Valve und L-5000 LC Controller) waren Gradienten mit Mischung der Lösungsmittel auf der Saugseite der Pumpe möglich. Die Laufmittel wurden mit einem Niederdruckgradientenmischer gemischt. Als Laufmittel wurden Acetonitril und 0.05%ige Ethansäure eingesetzt.
Der Injektor war mit einer 20-µml-Injektionsschleife versehen.
Um zu verhindern, daß die Hauptsäule mit der physiologischen Matrix der zu bestimmenden Substanzen überladen wird, wurde dieser eine kurze Vorsäule vorgeschaltet. Die Hauptsäule war eine 15-cm-Reversed-Phase-Säule mit einem Porendurchmesser von 5 μm.
Reversed-Phase-Chromatographie ist eine Trennung aufgrund hydrophober und hydrophiler Wechselwirkungen mit dem Analyten, wobei die Elution nach hydrophoben bzw. hydrophilem Charakter des Analyten erfolgt (27).
Der UV-Detektor (Merck-Hitachi, Modell 655 A-22 Variable Wavelength UV Monitor) war ein universell einsetzbares Spektrophotometer. In diesem Gerät waren die Deuteriumlampe, der Monochromator und die Durchflußzelle in einer Einheit zusammengefaßt. Diese Anordnung soll die größtmögliche Empfindlichkeit und Linearität gewährlei-sten. Der Detektor umfaßte einen Spektralbereich von 190 bis 370 nm. Es wurde eine Wellenlänge von 232 nm eingestellt.
Zur Auswertung und Dokumentation wurde ein durch hochintegrierte Schaltkreise gesteuerter Integrator (Merck-Hitachi, Modell D-2000) verwendet. Im Gehäuse des Integrators war auch ein grafikfähiger Thermo-Matrixdrucker zur Darstellung der Meßergebnisse untergebracht.
3.5. Lösungsmittelzusammensetzung:
Um zur endgültigen Lösungsmittelzusammensetzung zu gelangen, sind eine Reihe von Messungen notwendig.
In der Literatur (20,21,22) wird für die HPLC die Verwendung eines Gemisches von Acetonitril (21) oder Methanol (20,22) und mit Ethansäure angesäuertem Wasser angegeben. Von der Verwendung von Methanol wurde bei dieser Arbeit abgesehen, weil einerseits Acetonitril eine in etwa gleiche Polarität hat wie das Methanol, andererseits aber die UV-Durchlässigkeit von Acetonitril bei der benutzten Wellenlänge größer ist. Nach der Literatur wird zumeist ein Gradient gefahren. Es ergeben sich dabei für die Hydroxieiko- satetraensäuren Mischungsverhältnisse von etwa 50/50 (v/v) bis zu etwa 90/10 (v/v) Acetonitril/Wasser. In der Erwartung, daß eine Erhöhung des Wasseranteiles die Retentionszeit verlängert, andererseits die gesuchten Substanzen besser getrennt werden, wurden mehrere Mischungsverhältnisse ausgetestet. Ziel war es, eine kurze Retentionszeit bei einer optimalen Trennung der zu untersuchenden Substanzen zu erreichen. Ausgangspunkt war eine Zusammensetzung von 80 % Acetonitril und 20 % 0.05 %iger wäßriger Essigsäure (23) gewesen. Der Acetonitrilanteil wurde dann schrittweise verringert.
3.6. Messungen zur Abhängigkeit der Hydroxieikosatetraensäure-Bildung von der Enzymkonzentration:
3.6.1. 15-Hydroxieikosatetraensäure:
Zur Bestimmung der Abhängigkeit der Bildung der 15-Hydroxieikosatetraensäure von der Enzymkonzentration (Lipoxigenase aus Sojabohne) werden in einem Reihenversuch 0, 10, 20, 30, 40, 50, 60, 70, 80, 100 μg Enzym mit jeweils 50 μg Arachidonsäure versetzt. Nach ausreichender Inkubationszeit (30 min, 0°C, pH 9.0) wird die entstandene 15-Hydroperoxieikosatetraensäure durch Zusatz von Natriumborhydrid zu 15-Hydroxieikosatetraensäure reduziert. Durch Ansäuern wird dann sowohl die enzymatische als auch die reduktive Reaktion beendet. Stets wurde überprüft, ob die Reduktion vollständig abgelaufen war, durch Nachweis im Chromatogramm, daß keine 15-Hydroperoxieikosatetraensäure meßbar war.
3.6.2. 15-Hydroperoxieikosatetraensäure:
Durch eine Stichprobe wurde überprüft, ob der Kurvenverlauf einer Versuchsreihe, bei der lediglich 15-Hydroperoxieikosatetraensäure gebildet wurde, den Ergebnissen der Reihenversuchen, bei denen durch Reduktion 15-Hydroxieikosatetraensäure entstand, entspricht.
3.6.3. 12-Hydroxieikosatetraensäure:
Die Bestimmung der Abhängigkeit der Bildung von 12-Hydroxieikosa-tetraensäure von der eingesetzten Anzahl an Thrombocyten (Plättchen) erfolgte mit ebenfalls 50 μg Arachidonsäure als Substrat. Die Versuchsdurchführung entspricht im wesentlichen der bei der 15-Hydroxieikosatetraensäure dargestellten.
Es steht jedoch kein gereinigtes Enzym zur Verfügung. Aus Spender-blut wurden daher die Thrombozyten isoliert und ausgezählt. Auf 1, 2, 4, 8 und 16 x 108 Thrombozyten pro ml wurden jeweils 50 μg Arachidonsäure gegeben. Größere Thrombocytendichten sind nicht praktikabel, da dann die Aggregationgefahr die Reproduzierbarkeit beeinträchtigt.